Stars sorgten für Geschiebe und Geschrei

Neue Westfälische Herford, 13.05.2020 von Walter Dollendorf

Die „Weltlichtspiele“ waren eines von vielen Kinos der Nachkriegszeit in Herford. Heute sind in dem Gebäude
die Sportler des Tanzturnierclubs Grün Gold Herford beheimatet.

Ein großes „W“ ziert das Gebäude, das einmal ein Kino war.
FOTO: GEORG HEESE (KOMMUNALARCHIV)
Heute ist das frühere Kino an der Bruchstraße der „Tanzpalast“ Grün-Gold-Haus.
FOTO: FRANK-MICHAEL KIEL-STEINKAMP

Herford. Das Rätselfoto vom vergangenen Mittwoch zeigt das Gebäude der ehemaligen Weltlichtspiele in der Bruchstraße. Heute ist dort der Tanz-Turnclub (TTC) Grün-Gold Herford beheimatet. Viele Leser erinnern sich an das Kino. Hier ist eine Auswahl.

Horst Bohm: Das abgebildete Gebäude ist das heutige Grün-Gold-Haus vom Herforder Grün-Gold Tanzclub in der Bruchstraße. Damals war es das Kino „Weltlichtspiele“ und nicht die „Werrelichtspiele“, wie ich zunächst gedacht habe. Die befanden sich zwischen Eimter,- und Werrestraße. Die Weltlichtspiele, später die legendäre Scala, wo auch ich meine Sturm- und Drangzeit auslebte, waren ganz früher an der Mindener Straße, später dann im heutigen Grün-Gold-Haus. Hinter dem Kino war der Lübberbruch, wo die damalige Visionstattfand, heute steht dort das Stadttheater, dahinter zur Werrestraße das Ravensberger Gymnasium.

Stefanie Eckel schreibt: In den 1980er Jahren wurden die Welt-Lichtspiele geschlossen. Seit Mitte der 80er Jahre hat dort der Tanzclub Grün-Gold seinen Sitz. Als Löhner Kind kam ich in den 1970er bis Mitte der 1990er Jahre an dem Gebäude vorbei oder habe auf dem nicht weit entfernten Spielplatz an der Werrestraße gespielt, wenn ich meine Tante besucht habe. Meine Tante wohnte damals in der Nähe des Grün-Gold-Hauses.

Dieter Begemann: Als ehemaliger „Fotoarchivar“ des Kommunalarchivs habe ich mich bei den NW-Mittwochrätseln immer zurückgehalten. Mit dem Ort der jetzigen Frage verbindet mich jedoch eine persönliche Geschichte. Das Foto zeigt die Welt-Lichtspiele, abgekürzt „WeLi“ in der Bruchstraße. Wo heute Tanzfläche ist, hatte das Kino damals die übliche Sitzplatzeinteilung Parkett, Sperrsitz und Loge. Letztere war der Ort, an dem die Action nicht selten prickelnder war als auf der Leinwand. Hier wurde gerne geknutscht und manchmal sogar „gefummelt“. Im „WeLi“ habe ich an einem Sonntagabend im Jahr 1970, als damals 17-Jähriger, einen unvergesslichen Kinoabend erlebt. Auf der Leinwand lief „M*A*S*H“, eine fast zweistündige Satire gegen den Vietnam-Krieg. Als ich wieder aus dem Kino kam, war es bereits dunkel – und mein Zündapp-Moped weg. Geklaut, während ich im Kino saß. Also musste ich, mit meinem Motorradhelm in der Hand, zuerst zu Fuß meine damalige Freundin nach Hause bringen und dann zur Elverdisser Straße laufen, um bei der Polizei (im Volksmund „Bullenkloster“) den Diebstahl anzuzeigen. Der letzte Bus nach Knetterheide, meinem damaligen Wohnort, war bereits um 21.30 Uhr gefahren. Weil eine Taxifahrt für mich unerschwinglich gewesen wäre und weil meine Eltern noch kein Telefon hatten, blieb mir keine andere Wahl, als heim zu laufen. Weit nach Mitternacht kam ich an. Mein Moped wurde am nächsten Tag gefunden. Die Diebe hatten es nahe der Kläranlage an der B239 in der Werre versenkt. Natürlich fuhr es nicht mehr. Um es nach Hause zu bekommen, musste ich es noch einmal zu Fuß von Herford nach Knetterheide schieben. Dort habe ich es tagelang gereinigt und „trocken gelegt“. Nach dem Einbau einer neuen Zündspule funktionierte es sogar wieder. Natürlich bin ich damit auch wieder nach Herford gefahren, aber nie wieder zum „WeLi“ an der Bruchstraße.

Michael Wölk erinnert sich: Ich war als 14/15-Jähriger immer froh, wenn man die Altersbegrenzungen umgehen konnte und in Filme kam, die ab 16 oder 18 Jahren zugelassen waren wie zum Beispiel Italo-Western.

Reinhard Erdmann: Früher war es ein Kino, nicht ganz jugendfrei, heute ist es die Heimat des Tanzclubs Grün-Gold. Eine der letzten Veranstaltungen war sicherlich der Karnevalsabend. Eine gute Freundin unserer Familie war hier mit einer Büttenrede vertreten. Wollen hoffen, dass es nach der Corona-Krise hier wieder fröhliche Veranstaltungen geben wird.

Vor Schulmädchen-Report etwas Falsches gegessen

Hannelore Tschirner schreibt: In den Weltlichtspielen habe ich meine erste Premiere erlebt: Conny Froböse und Peter Kraus, damals absolute Stars, waren zu Gast. An den Film kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an die vielen Menschen! Ganz viele Teenager – wie ich damals – und an das Geschiebe und und Geschrei! Ich habe direkt ein Autogramm ergattert, hab ich lange in Ehren gehalten. . . Jetzt schließt sich der Kreis: Beim Herforder Karneval sind wir, die Seniorinas, im selben Haus aufgetreten – aber Autogramme wollte keiner von uns.

Rita Frentrup gehört wie Hannelore Tschirner zu den „Seniorinas“: Erzählen möchte ich eine ganz andere Geschichte aus der Zeit, als es noch ein Kino war. 1970 kam „Schulmädchen-Report“ ins Kino. Zu dem Zeitpunkt war ich 17 Jahre alt und natürlich musste man sich den Film anschauen, nur, ich hatte etwas Falsches gegessen. Während der Vorführung wurde mir so übel, dass ich schnell raus gehen musste und ich dachte so für mich: Jetzt denken die anderen, die kann bestimmt diese freizügigen Szenen nicht ab. Ja, so war das damals.

Burkhard Weier: Das abgebildete Haus ist seit 1986 Sitz des Tanzturnierclubs TTC Grün-Gold Herford. Seit 1952 bis Mitte der 1980er-Jahre befand sich hier nach einem Umzug von der Mindener Straße das Kino „Welt-Lichtspiele“. Meine Lebensgefährtin kann sich noch lebhaft an einen Kinobesuch zusammen mit ihrer Freundin in den 60er-Jahren
erinnern, als dort ein Film mit Cliff Richard in der Hauptrolle gezeigt wurde. Auf der Heimfahrt war sie noch so von dem Film gefangen, dass sie auf der Werrestraße mit dem Vorderrad ihres Fahrrades in die Schienen der Kleinbahn geriet und – glücklicherweise folgenlos – stürzte.

Hans-Walter Arning: Die Besitzer, die Firma Saalfeldund Maack, verkauften das Haus 1986 an den Tanzclub Grün-Gold, seitdem finden hier Tanzturniere und größere Tanzveranstaltungen des Vereins statt.

Klaus-Dieter Stork: Das Grün-Gold-Haus ist seit 1986 das Trainingszentrum des Tanzturnierclubs. Vorher war in dem Haus das Kino „Weltlichtspiele“ untergebracht. Daher das große„W“ in dem Kreis über dem Haupteingang. Eines von den vielen Kinos in der Nachkriegszeit in Herford. Heute existiert in Herford nur noch das „Capitol“ als einziges Lichtspielhaus. Hoffentlich bleibt es uns auch trotz der Corona-Krise weiterhin erhalten.

Kulturhistorisches Rahmenprogramm für Tänzer

Juliane Pladek-Stille: Weit über die Grenzen Herfords hinaus ist das Vereinshaus des Grün-Gold TTC Herford als Trainingsstätte und Veranstaltungsort insbesondere für Tänzer ein Begriff. In den Jahren
1999 und 2000 hat uns der Verein freundlicherweise seinen Tanzsaal für das alljährliche Tanzsportwochenende der Paare des TSC Wulfen/Dorsten zur Verfügung gestellt. Während der Trainingsstunden war unser Ansprechpartner im Haus der damalige Sozialwart Eduard Wolf. Die Tanzpaare wohnten im benachbarten Hotel Pohlmann. In mehreren Trainingseinheiten haben wir im großen Tanzsaal des Grün-Gold-Hauses Tanztechnik und neue Choreografien unterrichtet, unter anderem eine Schrittkombination im Walzer aus Impetus und Open Wing, die heute noch unter der Bezeichnung „Herford-Folge“ in Wulfen getanzt wird. Stadtführungen mit Paul-Otto Walter rundeten als kulturhistorisches Rahmenprogramm dieses Tanzsportwochenende ab.